Gesellschaft

Eine Internetdrosslung über Volumentarife wird die gesamte Wirtschaft treffen

Totterturm_Social_Media_Internet_01Da hat die Telekom mit ihren Plänen, die Internetflatrates in Volumen-Tarife umzubauen, aber mal einen rausgehauen. Während Netztheoretiker und Enthusiasten Sturm laufen, bleibt es allerdings bei den Normalnutzern noch erstaunlich ruhig. Ich denke, das liegt vor allem daran, dass die Diskussion sich stark auf Netzthemen wie Netzneutralität und die schwindenden Chancen für Internet-StartUps fokussiert. Eben jene Themen, die den Heavy Usern am nächsten sind. Dabei sind auch Klein- und Mittelständische Unternehmen davon betroffen.

Die Metapher von der Datenautobahn trifft es

Was Normalnutzer wie Unternehmen, die dem Internet eher ferner sind, nicht sehen. Das Thema geht uns alle mehr an, als wir denken. Worum es genau geht? (Alle, die sich damit schon näher beschäftigt haben, können unten weiterlesen.) Am besten erklärt es die bekannte Metapher von der Datenautobahn. Die Telekom macht nichts anderes, als diese Autobahn für alle bereitzustellen, zu warten und auf dem aktuellsten Stand zu halten. Bislang konnte man auf dieser Autobahn dahin fahren, wohin man gerade wollte. Mit den neuen Volumentarifen geht das nicht mehr. Die Telekom sagt nichts anderes, als dass man zwar immer noch überall hinfahren darf, aber man darf die Autobahn dann nur noch mit einer bestimmten Kilozahl belasten. Danach wird die Geschwindigkeit gedrosselt und man darf nur noch mit 20 km/h über die Autobahn. Kommt man ja auch an, die Frage ist nur wann. Dabei ist es jedem selbst überlassen, wie voll er sein Auto für den Transport packt. Wer viel zu transportieren hat oder gar einen schweren Kleinbus fährt, der wird eben früher auf die langsame Geschwindigkeit zurückgestuft. Ist ja nicht so schlimm, oder?

Aber das ist noch nicht alles. Die Telekom reglementiert mit den neuen Verträgen – und bei den alten wird sie dann sicherlich bald nachziehen – auch wohin ich fahren darf. Denn Telekom-Unternehmen und –Kooperationspartner sind ausgeschlossen aus der Volumengrenze. Das heißt, auf der Telekom-Autobahn darf ich so oft in das Telekomkino-Enterntain fahren wie ich will und dabei auch so viel transportieren wie ich will. Fahre ich aber in das Maxdome-Konkurrenzkino, ist das nur ein paar Mal möglich, danach drosselt die Telekom meine Geschwindigkeit und die Entfernung wird zu groß, um das Kino in einer angemessenen Zeit zu erreichen. Jetzt kann ich bei der Telekom Zusatzangebote buchen, mit denen ich auch in das andere Kino komme. Aber mal ehrlich, das kommt einer zusätzlichen Autobahnmaut gleich, die ein Autobahnbetreiber erheben würde, wenn ich nicht seine Raststätten anfahre, sondern freie Raststätten.

Volumentarife beeinflussen massiv das Surfverhalten

Mit dieser Zusätzlich Maut beeinflusst die Telekom sowohl massiv unser Surfverhalten, als auch die gesamte Entwicklung des Internets. Denn wir werden vermehrt die Angebote aufsuchen, für die wir einen bezahlten Freifahrtschein haben. Andere Angebote werden wir gar nicht mehr wahrnehmen. Somit werden auch Teile des Internets absterben, die nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten funktionieren. Und wer glaubt, so viel surfe er nicht, der übersieht die Entwicklung des Internets. Die Datenmenge, die wir „versurfen“, ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und sie wird weiter steigen. Mögen für den Moment 75 GByte viel erschienen, in zwei bis drei Jahren wird es wenig sein – dann gelten die Verträge aber immer noch. Man muss nur einmal bedenken, wie viele Updates für Programme zur Zeit schon im Hintergrund laufen, ohne dass der Nutzer etwas davon mitbekommt. Wie viele Dienste mittlerweile ganz oder teilweise in der Datencloud liegen. Wie stark die Anzahl der Endgeräte gestiegen ist, die wir nutzen. Egal on Smartphone, Tablet oder Xbox oder Nintendo jedes ist über das Internet verbunden. Hinzu kommt, dass einige Unternehmen, von denen wir es im ersten Moment nicht denken, webbasierte Anwendungen planen, die sich unter dem Stichwort „Internet der Dinge“ zusammenfassen lässt. Dahinter verbregen sich Anwendungen wie die Heizung von Außerhalb steuern, Fernwartungen und Monitoring an Geräten etc. Karsten Knoblauch hat mal überschlagen, wie viel er in einem Zweipersonenhaushalt schon verbraucht. Wer Kinder hat, der dürfte jetzt bleich im Gesicht werden.

Businesstarife sollen auch umgebaut werden

Doch das ist nicht alles. Denn die Telekomdrosselung betrifft nicht nur die Internetwirtschaft. Scheinbar gibt es auch Pläne die Businesstarife ebenfalls nach den Modell der Volumentarife umzubauen. Zumal viele Freelancer und Einzelunternehmer über die privaten Telekomangebote surfen. Gerade für diese Gruppe Selbständige wird der Volumentarif fatale Folgen haben. Viele der Projekte und der Austausch zu Projekten läuft bei ihnen in der Regel über das Internet. Mit einem gedrosselten Internet werden sie Aufträge nicht durchführen können. Selbst zugebuchte Pakete helfen da nicht weiter, wenn ein Unternehmen, mit dem sie Zusammenarbeiten wollen, einen anderen Dienst verwendet, der nicht im Zusatzpaket des Freelancers enthalten ist.

Und auch für Unternehmen wird die Drosselung unangenehme Folgen nach sich ziehen. Outsourcing funktioniert in vielen Fällen nur mit Hilfe von Datenaustausch über das Internet. Man denke nur an die Steuerberater und Lohnbuchhaltungen, die externen Service für Unternehmen leisten. Oder, an Planungs- und Architekten-Büros, die große Zeichnungen und CAD-Projekte über das Internet versenden. Ebenso verschlingt die Anbindung von Außendienst und Filialnetzen über Warenwirtschaftssysteme eine Menge an Datenvolumen. Wenn es so kommt, müssen Unternehmen demnächst Nachrichten versenden: „Bitte schicken Sie uns keine Anhänge per Mail. Zur Zeit surfen wir mit reduzierter Geschwindigkeit“.

Bildung als Wirtschaftsfaktor

Ganz abgesehen davon, dass die Bildung als Wirtschaftsfaktor leiden wird. Der Austausch zwischen Universitäten und Studenten erfolgt in immer höheren Maße über das Internet. Nicht zuletzt dies hat die Qualität der Lehre in den letzten Jahren gesteigert. Selbst wenn die Universitäten einen günstigen Tarif aushandeln können, die Studenten surfen immer noch über ihre privaten Tarife. Und eine berufliche Fortbildung durch ein Fernstudium mit Webinars und Videokonferenzen wird sich ebenso kaum noch oder nur über zusätzliche Kosten realisieren lassen.

Das sind nur ein paar Bereiche, die deutlich machen, dass die Tarifgestaltung alle angeht, und nicht nur die Internetwirtschaft. Deshalb Petition unterzeichnen -> hier.

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