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Kinder und soziale Netzwerke – Geht lieber raus spielen

Abseits von allen Marketing- und Kommunikationsfragen stellt sich die Frage, wie wir den Umgang mit dem Internet und Social Media unseren Kindern nahebringen wollen. In der letzten Woche bin ich gleich zwei Mal mit dieser Frage konfrontiert worden. Die Quintessenz für mich: Es fehlt zu häufig noch am rechten Maß, weil das Verständnis bei Eltern und Schulen fehlt.

Das erste war ein Theaterstück über soziale Netzwerke, die Gefahren im Internet und überhaupt. Die Handlung ist schnell erzählt. Ein Mädchen wird dreizehn und darf sich endlich in einem sozialen Netzwerk anmelden. In der folgenden dreiviertel Stunde begegnet sie so ziemlich allem Übel, dem man als Jugendlicher in den Netzwerken begegnen kann: Sie vernachlässigt ihre „Real Life Freunde“, sie postet (versehentlich) Fotos, die man besser nicht postet und wird daraufhin gemobbt. Zudem wird sie von einem Stalker reingelegt, der sich als unbekannte Freundin ausgibt. Am Ende, als das alles zu bedrohlich wird, klappt sie ihren Laptop zu und geht mit ihrem vernachlässigten Real Life Freund im Hof spielen und ist wieder glücklich. Auch wenn das Stück bewusst humoristisch angelegt war, die Message bleibt: Das Netz ist böse, böse böse. Geh lieber raus spielen, dann passiert so was nicht.

Zu wenig Zeit für wichtige Themen

Das Stück ist letztlich ein feines Beispiel dafür, wie allzu häufig von öffentlicher Seite mit dem Thema umgegangen wird. Es fängt schon damit an, dass in Schulen zu wenig Zeit für diesen sehr wichtigen Bereich aufgewendet wird. Wie im Theaterstück wird versucht, alle wichtigen Punkte in möglichst kurzer Zeit abzuhandeln. Heraus kommt dann das heillose zu kurz springende Fazit: Das Netz ist böse, geh raus spielen.

Natürlich ist es richtig und auch sehr wichtig auf die Gefahren hinzuweisen. Es fehlt aber zumeist an zwei entscheidenden Punkten: Der Erklärung wie ich die Gefahren vermeide und was mögliche Lösungen sind, wenn das Kind dann doch in den Brunnen – oder ins Internet – gefallen ist. Dafür muss man sich dann aber länger mit einem Thema auseinandersetzen. Schon alleine das Thema Mobbing bietet ausreichend Stoff für ein eigenes Theaterstück und mit Sicherheit auch für halbjährliche Unterrichtsreihen. Geht raus spielen, funktioniert als Lösungen nur unter der Prämisse, dass das Internet wieder verschwunden ist, wenn die Kinder vom Spielen wieder reinkommen. Ansonsten werden sie eher früher als später doch wieder vor dem Monitor sitzen.

Die Eltern sind Teil des Problems

Bin ich da jetzt zu kritisch? Den anderen Eltern hat das Stück doch gut gefallen? Womit wir beim Thema andere Eltern sind. Letztlich sind sie mehr Teil des Problems als der Lösung. Das unkontrollierte posten von Kinderfotos in den sozialen Netzwerken, wurde ja schon in einigen Artikeln aufgearbeitet, aber da hört es ja nicht auf. Das war dann das andere Mal in der letzten Woche, dass ich mit Kinder und Internet konfrontiert wurde und mir die Haare raufte. Hier bin ich zum Glück nur indirekt betroffen. Im erweiterten Bekanntenkreis hatten die Kinder außerhalb der Reihe einen Tag schulfrei. Für berufstätige Eltern immer ein besondere organisatorische Herausforderung, eine angemessene Betreuung während dieser Zeit zu gewährleisten.

Die Lösung einer Gruppe von Eltern: Für die fünf Jungs von zehn Jahren gäbe es ja ausreichend Tablets. Es wäre zwar keiner der Eltern zu Hause, aber sie könnten sich ja treffen und gemeinsam mit den Tablets (samt Internetzugang) spielen. Im Übrigen: Dieselben Eltern, deren Kinder schon im vierten Schuljahr heulend im Bett saßen, weil sie über ihre allerneusten Smartphones Kettenbriefe bekommen haben, in denen gedroht wurde, ihre Mutter zu töten, wenn sie den Brief nicht weiterleiten. Mal im Ernst, hier wäre ein: „Nehmt einen Ball und geht raus spielen“, angemessen.

Zugeben, beides sind recht extreme Beispiele. Aber sie zeigen doch sehr gut, wo es im Argen liegt. Kinder benötigen einen guten Mittelweg, auf dem sie an das Internet und die sozialen Netzwerke herangeführt werden. Dabei dürfen die Gefahren ebenso wenig vernachlässigt werden wie die positiven Seiten. Zudem müssen ihnen „Lösungen“ aufgezeigt werden, was zu tun und wer ansprechbar ist, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen. Nach den Erfahrungen der letzten Woche ist das allerdings erst der zweite Schritt. Denn bevor man die Kinder in dieser Hinsicht stärkt, muss man Kompetenz bei Eltern und Schulen aufbauen.

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