Social Media

Storytelling – Vom Geschichtenerzählen in der Unternehmenskommunikation

Und was soll das jetzt? Jetzt sollen Unternehmen auch noch Geschichten erzählen? Ja, sollen sie. Müssen sie sogar, wenn sie wollen, dass ihnen jemand langfristig zuhört. Schaut man sich die Mehrzahl der Fanpages auf Facebook an, dann stellt man fest, dass die meisten ihre Hausaufgaben schon gemacht haben. Mal abgesehen von ganz penetranten Schnäppchenschleudern, findet man alle Elemente wieder, die nach den neusten Umfragen auch da sein müssen, um die neugewonnene Community zu „engagen“. Hier ein Gewinnspiel, da ein Umfrage, allgemein freut man sich sehr über alles und jedes und 80 Prozent der Statusupdates schließen mit der Frage „Und wie findet ihr das?“. Funktioniert scheinbar auch ganz prima, der ein oder andere kommentiert und es wird ab und an auch mal „geliked“.

Mein ganz subjektives Empfinden dabei: Das alles wirkt sehr hölzern und schablonenhaft. Was vor allem auffällt, wenn man mehr als einer Corporate-Fanpage folgt. Unternehmen stecken immer noch viel zu sehr in dem Korsett der klassischen Markenkommunikation fest. Dabei steckt sogar darin eine Geschichte, die man erzählen kann. Nimmt man einfach mal als Beispiel das häufiger gesehene Statusupdate „Hurra, unser neuer Katalog ist da. Habt ihr schon was Schönes gefunden?“ Ein Katalog fällt doch nicht einfach so vom Himmel und Hurra da ist er. Ein Katalog wird geplant, es werden Fotos von neuen Produkten gemacht, getextet, abgestimmt, gedruckt, ausgeliefert und was sonst noch so dazugehört. In so einem Katalog steckt eine ganze Geschichte, die man erzählen kann. Man kann sogar an der einen oder anderen Stelle die Fans mit einbeziehen, in dem man sie über Fotos oder Headlines abstimmen lässt, oder was einem sonst noch so Gutes einfällt. Geschichten sind überall, vom Kleinen bis zum Großen vom B2C-Unternehmen bis zum B2B-Unternehmen.

Geschichtenerzählen ist Corporate Design mit Worten

Jedes Unternehmen hat Geschichten zu erzählen. Dabei ermöglichen es Social Media gerade kleinen Unternehmen, dies auch zu tun. Social Media macht die Unternehmen zu ihren eigenen Verlegern, ohne dass sie durch das Nadelöhr der Journalisten oder einen aufwendigen Gestaltungs- und Druckprozess bei der Publikation von Unternehmensmagazinen gehindert werden. Und dann kommt die häufig gestellte Frage: „Und was bringt mir das? Durch eine Geschichte verkaufe ich doch nicht eine Hose mehr“.  Gegenfrage: „Was bringt den Unternehmen ihr Corporate Design? Hat irgendjemand schon einmal gemessen, ob dadurch eine Hose mehr verkauft wird?“ Was das Corporate Design mit Bildern und Farben macht, das macht Storytelling mit Worten und Geschichten. Geschichten schaffen vertrauen, weil der Kunden und der Interessent weiß, mit wem er es zu tun hat.

Sehr deutlich wird es wenn man sich einmal die Buzzwords „nachhaltig“, „innovativ“ und „kundenfreundlich“ nimmt. Kaum ein Unternehmen, das sich diese Begriffe nicht auf die Fahnen und in jeden Werbeträger schreibt. Bei Interessenten ruft das mittlerweile nur noch ein müdes Lächeln hervor, weil ebenso oft wie die Begriffe verwendet werden, die Inhalte zu den Begriffen fehlen. Was ist innovativ und warum ist das Unternehmen innovativ? Was heißt kundenfreundlich und wie setzt das Unternehmen das um? Jetzt kann ich als Unternehmen hingehen und behaupten: „Wir sind innovativ, weil wir beim XL5 die neue ZV8-Klappe integriert haben“ oder „Wir sind kundenfreundlich, weil wir 25 gut geschulte Servicemitarbeiter haben“. Ich kann aber auch hingehen und die Geschichte erzählen, wie die ZV8-Klappe entwickelt wurde, welche Schwierigkeiten beseitigt werden mussten und wie sie in der Praxis funktioniert. Oder, ich kann die Geschichte erzählen, wie die Mitarbeiter geschult werden, warum und wie sie ihre Schulungen in der Praxis einsetzen. Wenn man es geschickt anstellt, kann man sogar Kunden, die Erfahrungen, die sie mit dem neuen Service oder der ZV8-Klappe gemacht haben, entlocken, oder sie in den Prozess des Storytelling einbeziehen. Wie Patrick Breitenbach so schön schreibt: Die beste Social Media Strategie ist die, für die man selber keine Tools bedienen muss.

ROI bekommen wir erst später wieder rein

Anders als die Behauptung machen Geschichten das Unternehmen erlebbar. Man muss noch nicht einmal drüberschreiben, dass man kundenfreundlich ist, der Leser und Interessent stellt den Zusammenhang selber her. Damit verankert er sich aber auch tiefer im Bewusstsein und schafft so Vertrauen. Und als Kunde entscheide ich mich immer für das Unternehmen, dem ich vertraue. Wenn man so will: Das Vertrauen der Kunden ist der Kern der Markenstärke. Die Geschichten stehen pars pro toto für das Unternehmensimage. Nimmt man nur einmal die Situation, dass sich ein hochqualifizierter Bewerber zwischen zwei Unternehmen entschieden soll. Unternehmen Deutschmichel kommuniziert klassisch: Stellenanzeige, Webseite, Imagebroschüre, sogar der ein oder andere wohlwollende Presseartikel ist über Google zu finden. Unternehmen WorldWEB hingegen hat darüber hinaus Mitarbeiter-Blogs eingerichtet, in denen Geschichten aus dem Arbeitsalltag geschildert werden. Bei Deutschmichel schaut der Bewerber vor die glatte Fassade der Imagebehauptungen des Unternehmens und kann nur raten, wie es darunter aussieht. WorldWEB hingegen hat ein Fenster in der Fassade offen, durch das der Interessent hineinblicken und der gepriesenen Mitarbeiterkultur bei der Arbeit zusehen kann. [Hier bleibt unerwähnt, wie sich der Bewerber entscheidet.]

An dieser Stelle ist der Unternehmer dann überzeugt und sagt, er hätte gerne so eine Facebookseite mit Logo zum Mitnehmen und ob denn auch noch ROI da wäre. Der Berater bekommt einen roten Kopf und stammelt, nur Facebook funktioniert eher schlecht und ROI würde erst später wieder reinkommen. Das vertrackte ist, dass Storytelling nur schwerlich funktioniert, wenn man ausschließlich eine Facebookpage besitzt. Facebook ist ähnlich wie Twitter mehr ein Vertriebs- und Dialogkanal. Inhalte und Geschichten müssen an anderen Stellen wie Blogs oder YouTube erstellt werden. Zumal ein Geschichte geplant werden muss, um sie erzählen zu können. Dazu gehört die Planung was wann erzählt wird, damit ein Spannungsbogen entsteht. Es zählt aber auch dazu in welcher Form erzählt werden soll. Dafür hat sich auch schon ein neuer Begriff gefunden, der ganz schnicke daherkommt: Transmedia Storytelling.  Denn neben der Schrift, können in Social Media Geschichten mit Video, Foto oder als Podcast mit Ton angereichert und weitererzählt werden. Und nicht zuletzt muss eine Entscheidung getroffen werden, ob, wann und in welcher Form die Fans einbezogen werden sollen. In diesem Sinne sind Geschichten auch kein Kauf-Mich-Marketing, das direkt wirkt – wenn es denn noch wirkt -, sondern haben einen langfristigen Effekt, der auf das Image und das Vertrauen der Kunden in die Marke wirkt. Ein ROI als Summe in Euro kann nicht gemessen werden. Außerdem benötigt Kommunikation in der Form Kontinuität, um zu wirken. Daher kommt der ROI auch erst später wieder rein.

Geschichten sind felxibel einsetzbar

Das Schöne an Geschichten ist, dass sie flexible einsetzbar sind. Als Unternehmen hat man viele Möglichkeiten damit zu arbeiten. Ich kann die große Branchengeschichten erzählen oder kleine Alltagsgeschichten, ich kann Produktgeschichten erzählen und mich in ihnen als großer Fachmann oder als Unterhalter präsentieren. Den Kontext gibt immer das Unternehmensimage und das Kommunikationsziel vor. Nur eins kann ich als Unternehmen nicht machen, ich darf keine Märchen erzählen, denn wenn die Kunden und Fans herausbekommen, dass der Wahrheitsgehalt meiner Geschichten dem von Grimms Märchen entspricht, fangen sie an die Geschichte zu übernehmen und ihre eigene Version davon zu erzählen.

Zum Abschluss hier und hier noch zwei Videos von Marcus Brown, dem ich schon länger auf Google+ folge und der sehr amüsant Geschichten über das Geschichtenerzählen erzählen kann. Und wer meint, Geschichtenerzählen sei nichts für hartes Business, soll es Contentmarketing, Contentstrategie oder Contentmanagement nennen.

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