Social Media

Social Media – Das Internet lernt sprechen

Speziell für mittelständische Unternehmen aus den klassischen, internetfernen Branchen rechnete sich Aufwand und Nutzen von Online-PR bislang nicht. Durch das rasante Wachstum von Diensten wie Twitter und Facebook hat sich die Situation geändert. Sie stellen die Infrastruktur, mit dem das Internet den Sprung vom globalen Dorf hin zur pulsierenden Großstadt geschafft hat.

Seit gut sechs Jahren beobachte ich nun schon das so genannte Social Web. Als PR-Berater gilt mein Interesse natürlich dem Einsatz von Blogs, Foren und andere Elemente des Social Webs in der Unternehmens-Kommunikation. Bislang war ich, vor allem was das Verhältnis von Aufwand und Nutzen betraf, skeptisch. Als sinnvoll sah ich den Einsatz lediglich für internetnahe Dienstleister und Anbieter rund um Consumer Electronic an. Für die große Masse mittelständischer Unternehmen mit klassischen Dienstleistungen und Produktpaletten war der Aufwand bis dato zu hoch, ohne erkennbaren Nutzen zu liefern. Verändert hat sich diese Einschätzung durch die Entwicklung, die das so genannte Echtzeit-Netz mit Diensten wie Twitter und Facebook derzeit nimmt. Denn diese Social-Media-Dienste schicken sich nicht nur an, eine hohe Zahl an Nutzern zu erreichen, sondern verändern das Internet grundlegend. Vergleichen kann man die Entwicklung des Internets in dieser Hinsicht mit dem Wachstum vom mittelalterlichen Dorf zur modernen Großstadt. Bisher waren die Websites/Häuser nur lose über Feldwege ohne echte Beschilderung verbunden. Das wegweisende Monopol in dieser dörflichen Gemeinschaft lag bei den Suchmaschinen wie Google, Yahoo oder Metagear, die wie Branchenbücher funktionieren. In der Marketing-Folge versuchten die meisten Unternehmen, möglichst weit vorne in diesen „Telefonbüchern“ zu erscheinen. Online-PR wurde dabei zum großen Teil mit SEO gleichgesetzt. Kommunikation im Sinne eines Dialogs fand hier nicht statt, sondern wurde, wenn überhaupt, über E-Mails geführt. Die Auswüchse dieser Kommunikations-Versuche sind heute noch jeden Morgen beim Öffnen des Mail-Accounts in Form von Spam und abonnierten Newslettern zu bewundern. Die (Unternehmens-)Websites ließen und lassen dabei keine Kommunikation zu. Sie waren und sind zum größten Teil bessere Schaufensterauslagen ohne Eingang.

Web2.0 – Das stumme Internet wird laut

Bewegung kam in das globale Dorf Internet durch das so genannte Web 2.0. Die stummen Passanten der Webseiten fingen auf einmal an, miteinander zu reden und sich in Grüppchen und Clubs zu treffen. Um im Bild zu bleiben, bildeten sich so etwas wie die Szene-Bars des WWW. Denn für den Szenen-Zusammenhalt in den Communities, Foren und Portalen sorgt in den meisten Fällen das gemeinsame Interesse an einem Thema. Dabei ist das Themenspektrum vom Fußballverein über Fotografie bis hin zu Haustier und Kindererziehung weit gestreut. Für die Unternehmens-PR sind diese Szene-Bars in der Regel geschlossene Gesellschaften. Häufig ist die Ursache hierfür in einer gegenseitigen Abneigung zu suchen. Denn in vielen Unternehmen gelten Foren, vor allem wenn sich die User hier über die Qualität von Produkten austauschen, als Ärgernis. Umgekehrt gelten Unternehmen den Usern von vornherein als suspekt, weil sie zu häufig den Fehler machen, nur ihre Werbebotschaften abzusondern und nicht auf einen Dialog zu setzen. Zudem war es dem Abbau von Vorurteilen nicht förderlich, dass einige Unternehmen, wie die Bahn verdeckte Claqeure einsetzten. Die Unternehmen wie hier, die den cleveren Ansatz wählten, ihre eigene Szene-Bar aufzumachen, sind bislang schwer zu finden. Fairerweise muss man sagen, dass dies auch nicht für jedes Unternehmen möglich ist, da die Resonanz der User stark themenabhängig ist. Ebenso wie die Foren hat die im Rahmen des Web 2.0 aufkommende Blogsphäre das WWW dynamischer gemacht. Wobei den Blogs in Deutschland nie die hohe Aufmerksamkeit zuteil wurde wie in den USA. So gab es in Deutschland auch nur einige wenige Versuche, Corporate-Blogs in der Unternehmens-Kommunikation einzusetzen und so quasi eine Tür neben dem Schaufenster Website zu öffnen. Verglichen mit den großen Newsportalen wie Spiegel Online oder Der Westen, sind die Blogs in Deutschland der Restaurant-Geheimtipp, der nur einem eingeschworenen Zirkel bekannt ist. Die Bedeutung und die Reichweite der Blogs wird sich aber mit der rasanten Entwicklung des Echtzeit-Netzes ändern und damit auch ihre Bedeutung für die Unternehmens-Kommunikation.

Das Echtzeitnetz – Entwicklung von globalen Dorf zur pulsierenden Großstadt

Denn das Echtzeitnetz schafft nicht nur eine gut ausgeschilderte Informations-Autobahn, sondern geht in seiner Funktion weit über darüber hinaus. Es stellt letztlich eine hochmoderne Infrastruktur bereit und verschafft dem häufig als globales Dorf bezeichnetem Internet die Dynamik einer modernen, pulsierenden Großstadt. So ermöglicht eine Plattform wie Twitter sowohl die passive Nutzung als Nachrichten-Plattform als auch die aktive Nutzung als Kommunikationskanal. Twitter verbindet das Potential von Fernsehen, Zeitung und dem Autonavi mit dem von Telefon, SMS und dem Gespräch über den Gartenzaun. Schon die passive Nutzung zeigt dabei die riesigen Möglichkeiten, die im Echtzeitnetz stecken. Um aktuelle Artikel auf News- oder Informations-Portalen mitzubekommen, musste man bisher die Seiten einzeln absurfen und nachsehen, ob es etwas Neues gibt. Zumindest die Durchschnittssurfer, denen RSS-Feeds nichts sagten oder denen die Handhabung zu umständlich war, werden so verfahren sein. Damit beschränkt sich deren Internetnutzung auch auf ein bis zwei News-Portale, über die intensiv Informationen bezogen wurden. Die Informationsautobahn Twitter eröffnet nun den schellen Weg zu den meisten maßgeblichen Websites. Aktualisierungen auf den News- und Informations-Portalen werden in Kurzform inklusive des direkten Links über Twitter publik gemacht und bieten so einen direkten Zugang. Zudem, und hier kommt die Unternehmens-Kommunikation wieder ins Spiel, lassen sich viele Blogger auf Twitter finden, welche die Updates ihrer Blogs bekannt geben und damit die Relevanz und Reichweite der Blogs erhöhen. Eine Chance, die auch Unternehmens-Blogs für sich nutzen  können. Gesetzt den Fall die Unternehmen sind an einem echten Dialog mit ihrer Zielgruppe interessiert und sehen Blog- und Twitter-Kanal nicht als Durchlauferhitzer für Werbebotschaften, kann das Social-Media-Engagement das Unternehmens-Image positiv steigern. Letztlich funktionieren Dienste wie Twitter und Facebook wie die gute alte Mund-zu-Mund-Propaganda, nur viel schneller und direkter.

Für Unternehmen bedeutet die aktuelle Entwicklung, lieber früher dabei zu sein als später. Irgendwo las ich den letzten Tagen den Satz „Wer jetzt nicht damit anfängt, sein (Online)-Netzwerk aufzubauen, dem wird es später fehlen“. (Leider weiß ich nicht mehr, wem dieses kluge Zitat zuordnen ist. Sollte es jemand wissen, trage ich den Zitatgeber gerne nach). Momentan ist der Einstieg schon deshalb sinnvoll, weil alle derzeit noch Lernende sind, die die Grenzend es neuen Mediums austesten. Feste Cliquen und Zirkel haben sich erst ansatzweise gebildet. Und wie im realen Leben auch kommt man leichter in eine Gruppe hinein, wenn sie sich gerade bildet, als wenn man dem Einstieg in eine schon bestehende Gruppe mit festen Strukturen versucht. Meiner Einschätzung nach ist das Echtzeitnetz auch kein vorübergehender Hype wie Second Life, sondern wird sich langfristig etablieren. Denn so kurios es klingt, vernetzen Dienste wie Twitter und Facebook das Netz, indem sie Querverbindung zwischen Informationen, Websites und Surfer schaffen. Diese Entwicklung ist für mich übrigens auch der Grund, dieses Blog zu starten.

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