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Social Media und Verbände – Topf und Deckel

Eigentlich sind Verbände prädestiniert für Social Media. Umso überraschter war ich, als ich bei einer losen Recherche feststellte, wie selten Verbände darauf zurückgreifen. So nutzen derzeit nur rund 10 Prozent der Verbände Social Media in ihrer Kommunikation. Die meisten der Befragten geben an, dass es nicht die Angst vor Neuem, sondern eher vor dem hohen Verwaltungsaufwand ist, der eine intensivere Nutzung verhindert. Ich denke, kurzfristig betrachtet ist das richtig. Geht man allerdings längerfristig an die Sache heran, rechnet sich der Einsatz für Verbände, denn die Möglichkeiten von Social Media und originäre Verbandsziele sind nahezu deckungsgleich. So gehören Netzwerkarbeiten sowie Informations- und Wissensvermittlung zu den Kernaufgaben eines Verbandes. Social Media machen im Prinzip nichts anderes: Im Kern sind sie soziale Netzwerke, die zur Informationsvermittlung genutzt werden. Dabei geht es immer häufiger um das Teilen relevanter Informationen und nicht um persönliche Befindlichkeiten.  So sind alleine bei Twitter 54 Prozent der verbreiteten Themen Nachrichten und Facebook hat die E-Mail schon länger als Informationslieferant abgelöst.

Die Kernaufgaben von Verbänden sind Kommunikationsaufgaben

Zudem zählen die Interessensvertretung der Verbandsmitglieder ebenso zu den maßgeblichen Verbandsaufgaben wie die Werbung neuer Mitglieder. Zusammengefasst: alle Kernaufgaben von Verbänden sind Kommunikationsaufgaben. Dazu nutzen Verbände bislang allerdings vor allem klassische Kommunikationsinstrumente wie Verbandsmagazine, Newsletter und Pressearbeit, die zweifelsohne Stärken in der Informationsvermittlung haben, aber keinen Dialog ermöglichen. Erfahrungsaustausch und Dialog wird in der Verbandslandschaft wiederum durch Kongresse, Schulungen, Seminare sowie Fachvorträge gewährleistet. Durch Kombination der klassischen Medien mit Social Media ergeben sich nun aber eine ganze Reihe an Vorteilen für Verbände. So ermöglicht schon allein ein Verbandsblog, nicht nur zeitnah Inhalte zu kommunizieren, sondern steigert auch die Transparenz der Verbandsaktivitäten nach außen. Denn anders als die Verbandsmagazine, die in den meisten Fällen nur an die Mitglieder geschickt werden, können Blogs von allen eingesehen werden. Dazu zählen Interessenten an einer Verbandsmitgliedschaft ebenso wie wichtige Multiplikatoren für die Verbandsinteressen.

Die Stärke liegt im Dialog

Eben im direkten Dialog liegt auch die große Stärke von Social Media, mit der Verbände in der Mitgliederbindung einen entscheidenden Schritt nach vorne machen können. Denn nach einer Studie der forum! Marktforschung GmbH von 2008 ist jedes fünfte Verbandmitglied trotz guter Leistungen des Verbandes bereit auszutreten. Eine Tendenz, die mit Sicherheit noch anhält bzw. sich verstärkt hat. Der Knackpunkt liegt nach der Studie darin, dass das Verbandsimage ebenso wichtig ist wie die direkten Leistungen des Verbandes.  Letztlich gilt hier dasselbe Prinzip wie beim Markenaufbau für Unternehmen: Je größer das Vertrauen und die Loyalität der Kunden in eine Marke, desto stärker ist die Marke. Und Vertrauen und Loyalität schafft man durch eine offene Kommunikation. Dabei werden durch den Dialog ebenso bestehenden Mitglieder gebunden wie neue Mitglieder gewonnen. Vor allem für Nichtmitglieder signalisiert eine intensive Diskussionskultur einen lebendigen und damit attraktiven Verband, der einen Mehrwert schafft. Für die Mitglieder hingegen macht sich der Verband zum Zentrum für Gespräche und Informationsaustausch auch über regulären Verbandsveranstaltungen hinaus. Um ein Bild zu gebrauchen, wenn man sich zwischen zwei Partys entscheiden muss, wird man die mit der besseren Stimmung wählen und diese nicht so schnell verlassen. Neben einem Blog können hier auch andere Social Media wie Foren oder Gruppen wichtige Dienste leisten.

Basis für Verbandsevents verbreitern

Darüber hinaus erhöht sich die Reichweite von Verbandsveranstaltungen unter den Mitgliedern. Denn nicht selten entscheidet heutzutage der vollgestopfte Terminkalender über Teilnahme und Nicht-Teilnahme. Bis zum Erscheinen des nächsten Verbandsmagazins ist dann schon wieder eine ganze Zeit vergangen und Themen verlieren an ihrer Dringlichkeit bzw. werden von anderen Themen in den Hintergrund gedrängt. Zumal in Verbandsmagazinen und Newslettern redaktioneller Raum knapp bemessen ist. Social Media können hier den direkten Face-To-Face-Kontakt nicht ersetzen, aber sie können schon alleine dadurch, dass sie jederzeit von überall abrufbar sind, einen wichtigen Beitrag dazu leisten, alle Verbandsmitglieder in die Kommunikation einzubeziehen und auf dem gleichen Informationsstand zu halten. Nicht zuletzt betreibt der Verband damit ein internes Marketing für die eigenen Veranstaltungen. Denn die Erfahrung zeigt, dass Social Media besonders rund um Veranstaltungen gerne genutzt werden, um Eindrücke und Erlebnisse zu schildern. So steigt auch für die Nichtanwesenden die Attraktivität, beim nächsten Mal am Event teilzunehmen.

Doch nicht nur bei Mitgliederbindung und –gewinnung können Verbände  einen Nutzen aus dem Einsatz von Social Media ziehen. Wer den Gesprächen seiner Mitglieder zuhört, der hat darüber hinaus ein effektives Instrument zur Planung und Steuerung des Verbandes in der Hand. Verbände sollen und wollen nicht zuletzt Dienstleister für ihre Mitglieder sein. Aktuell stellt sich allerdings die Frage, wie und wo sie außerhalb der turnusmäßigen Veranstaltungen und Tagungen eine Rückmeldung von ihren Mitgliedern erhalten? Die Gespräche in Social Media geben hier den Verantwortlichen klare Hinweise darauf, in welche Richtung sich Verbandsprogramm und Mitgliederservice ausbauen lässt. So kann der Verband näher an die Bedürfnisse seiner Mitglieder heranrücken.

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