Crowdfunding – Einfach mal fragen
Einfach mal fragen als Geschäftskonzept? Das hat zumindest der New Yorker Fotograf Daniel Arnold gemacht. Mit über 32.000 Followern gehört sein Instagram-Account zu den ganz großen in dem Fotonetzwerk. Dabei hat es bislang niemand geschafft, mit Instagram Geld zu verdienen. Selbst Facebook nicht, das den Dienst vor rund einem Jahr für eine satte Milliarde Dollar gekauft hat. Arnolds Anfrage war eigentlich eine Verzweiflungstat. An seinem 34 Geburtstag stellte er fest, dass er gerade noch 90 Dollar auf dem Konto hatte. Also schrieb er unter eines seiner Fotos:
Hello, I just turned 34 this second. For one day only I am selling 4×6 prints of whatever you want from my Instagram archive for $150 each. I swear I will never sell anything this cheap again. If you’re interested, send a screenshot of the photo(s) of your choice to arnoldaniel@gmail.com (one d) and I will send a paypal invoice, followed by a signed print. Easy peasy. Happy my birthday. I love you
Die Reaktion darauf war mehr als überraschend. Alleine am ersten Tag verkaufte er über 1.000 Fotos für mehr als 15.000 Dollar. Jetzt kann man sagen, dass der Fall Arnold ein Einzelfall ist und er schon durch seine große Followerzahl im Vorteil ist. Sicher, sicher, doch dabei wird übersehen, dass der Erfolg des Fotografen auf einem grundlegenden Prinzip der sozialen Netzwerke beruht. Er hat erstmal nur geteilt und dann gefragt, ob jemand bereit wäre dafür zu bezahlen. Als langfristig tragendes Geschäftsmodell wird das aller Voraussicht nicht funktionieren, aber in Zeiten, in denen die Frage nach funktionierenden Erlösmodellen im Online-Fokus steht, ist es zumindest ein Hinweis, in welche Richtung es gehen kann.
Crowdfunding
Denn das Modell des Fragens ist gar nicht so weit entfernt vom Crowdfunding. Crowdfunding ist ein relativ neuer Begriff, der erst seit Mitte der letzten Dekade verstärkt thematisiert wird. Im Wesentlichen wird beim Crowdfunding – meist via Social Media oder verschiedener Internet-Plattformen – ein Projekt einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt, die sich dann daran beteiligen kann. Dementsprechend werden Projekte nicht mehr nur von ein oder zwei Großinvestoren finanziert, sondern von einer Vielzahl an Klein- und Kleinstgeldgeber.
Den Ursprung hat Crowdfunding in der Musikszene. In der durch illegale Downloads gebeutelten Branche hat es sich mehr und mehr etabliert, die Aufnahme von neuen Alben durch Crowdfunding zu finanzieren. Nach und nach wurde das Modell von weiteren Kreativbereichen aufgegriffen. Jüngstes Beispiel in Deutschland ist der zur TV-Serie produzierte Kinofilm Stromberg. Innerhalb von nur einer Woche erreichten die Macher durch Crowdfunding die gesteckte Marke von einer Millionen Euro. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass es im Netz bereits eine stattliche Anzahl an Plattformen gibt, auf denen Projekte verschiedenster Ausrichtung vorgestellt werden können. Hier ist ein guter Überblick über die Plattformen.
Crowdinvesting
Aber auch Unternehmen insbesondere Start Ups profitieren von Crowdfunding. Hier Crowdinvesting genannt, ist es eine gute Möglichkeit für Start Ups, die notwendige Anschubfinanzierung aufzubringen. Mittlerweile werden beim Crowdinvesting teilweise sogar Anschubfinanzierungen in Millionenhöhe realisiert. Auf der größten deutschen Plattform Startnext wurden aktuell über 1500 Projekte mit einer Gesamtsumme von mehr als neun Miollionen Euro finanziert. Damit kann man Crowdfunding bzw. Crowdinvesting bei Projekten und kurzfristigen Finanzierungen als eine durchaus beachtenswerte Chance ansehen. In gewisser Weise ist sie sogar eine Nagelprobe dafür, ob eine Geschäftsidee langfristig trägt. Denn wenn nicht genügend Geldgeber für die Startfinanzierung zusammenkommen, sollte sich die Gründer durchaus die Frage stellen, an welcher Stelle das Geschäftskonzept noch hakt.
Allerdings fällt auf, dass sich über Crowdfunding nur Projekte und eng gebundene „Anleihen“ finanzieren lassen. Als langfristige Erlösquelle gibt das Crowdfunding nicht viel her. Den sozialen Bezahl-Dienst Flattr kann man in dieser Hinsicht als Versuch bezeichnen, ein langfristiges Crowdfunding zu etablieren. Über Flattr können Nutzer einzelne Blogartikel, Musikstücke, Podcast oder Videos nach ihrem Ermessen bezahlen. Die Zahlen sprechen aber, bis auf wenige Ausnahmen, gegen Flattr. So erwirtschaften selbst etablierte Blogs mit mehreren tausend Lesern gerade einmal 200 – 300 Euro im Monat. Als Quelle für den Lebensunterhalt scheidet es damit aus.
In eng gesteckten Grenzen hat das Modell „Einfach mal Fragen“ jedoch einiges an Potential und es wird spannend, was sich daraus noch entwickelt. Gerade im sozialen oder kreativen Bereich lassen sich auf diese Weise mit Sicherheit viele Projekte realisieren, die ansonsten mangels finanzieller Mittel im Sande verlaufen wären. Für alle anderen wird auf absehbare Zeit Werbung in der einen oder anderen Form das Haupterlösmodell im Internet bleiben.
Es ist schon beachtlich zu sehen, was man durch Crowdfunding tatsächlich erreichen kann. So ist es auch kein Wunder, dass auch immer mehr Menschen hier bei uns darauf zurückgreifen, um eigene Projekte umzusetzen.