Reichweite – Ein Relikt aus der Zeit der Printmedien
Und immer wieder die Reichweite. Aktuell testet Twitter, ob die Reichweite von Tweets standardmäßig angezeigt werden soll. Die einen sehen darin eine Gefahr für Twitter, weil ups, das sehen ja weniger, als wir gedacht haben, wir sollten mehr Katzenbilder posten. Die anderen eine Chance, weil man seine Inhalte noch besser steuern kann. Bei näherer Betrachtung ist es schon interessant, wie stark die Bedeutung der Reichweite immer noch für Unternehmen und handelnde Akteure ist. Sie ist zwar nicht unbedeutend, aber in der Form, wie sie teilweise interpretiert wird, ein Relikt aus der Zeit vor Social Media.
Denn in den meisten Fällen bleibt die Interpretation der Zahl bei „haben gesehen“ stecken. „Haben gesehen“ ist aber nicht mehr als die Auflagenhöhe der Printmedien. Die Aussagekraft dieser Zahl ist mehr als dürftig. Wenn man will, kann man argumentieren, dass irgendwo der Markenname transportiert worden ist und sich vielleicht, ganz vielleicht in dem einen oder anderen Oberstübchen eingenistet hat. Aber man kann auch fragen: „haben das auch interessiert?“. Gesehen ist nicht gleich interessiert. Viel relevanter ist hier die Zahl derjenigen, die auch geklickt oder anders interagiert haben. Das sagt zumindest ein bisschen mehr darüber aus, ob überhaupt ein Anfangsinteresse bestand. Diese Zahlen lassen sich allerdings auch schon jetzt bei Facebook direkt und bei Twitter über Bitly-Statistiken oder innerhalb von Hootsuite auslesen.
Zudem muss man die besondere Mechanik von Tweets und Statusupdates in die Betrachtung einbeziehen. Die Halbwertzeit ist hier äußerst gering. Bei Tweets sind es im Durschnitt etwa 25 Minuten und bei Facebook Statusupdates liegt sie bei rund einer Stunde. Dadurch ist schon entscheidend, wo und wie die Information den Empfänger erreicht. Denn die Einflussgrößen selbst auf die Interaktionsraten sind hier mannigfaltig. Das reicht von der Uhrzeit über die allgemeine Nachrichtenlage bis hin zum Wetter. Dementsprechend können die statistischen Größen von Reichweite und Interaktionsrate allenfalls als Richtwerte genommen werden. Sie sind schlichtweg nicht vergleichbar.
Viel aussagekräftiger sind da die Zahlen, die von Google Analytics und ähnlichen Diensten erhoben werden. Denn hier lässt sich genau sehen, wie viele Interessenten über welchen Weg auf die Webseite oder das Corporate Blog gefunden haben. Und vor allem auch wie lange der Aufenthalt war – also, ob die Information auch wirklich wahrgenommen wurde. Der Haken an der Sache: Man darf sich bei seinen Social Media Aktivitäten nicht nur auf Facebook oder Twitter stützen, sondern benötigt eine Webseite mit regelmäßigen Updates oder ein Corporate Blog im Zentrum seiner Aktivitäten.
Update. Sehr lesenswert dazu dieser Artikel von den Marktforschern von Result: Nur die Verweildauer zu betrachten ist ein Mythos