Qualitätsmerkmal Kontinuität – Ohne Inhalte lässt sich nichts messen
Leider handeln in der letzten Zeit die meisten Artikel zu Social Media, die ich so lese, von Zahlen, Key Performance Indicatoren (KPI), Return of Investment (ROI) und Messbarkeit. Das sind richtige und auch wichtige Themen. (Sehr lesenswert die Artikel von Bernadette Bisculm dazu hier Teil I und hier Teil II) Nur eins sollte man bei aller Zahlenfixiertheit bedenken: Ohne kontinuierliche und qualitativ gute Inhalte kann man nix messen und auch keinen Erfolg haben. Deshalb ist es wichtig, sich schon bei der Definition der Social Media Ziele selbstkritisch zu fragen, ob es ausreichend Inhalte gibt, um das Ziel zu erreichen. Ansonsten funktoniert es auch mit der Glaubwürdigkeit nicht.
Manchmal reicht es halt nicht aus, rein auf die Produktkommunikation zu setzen. Deshalb ist die Ausarbeitung eines redaktionellen Konzeptes ebenso wichtig, wie die Definition der Ziele. Beides redaktionelles Konzept und Ziele müssen aufeinander abgestimmt werden. Natürlich kann man immer spezielle Konzepte und Inhalte entwickeln, um engdefinierte Ziele zu erreichen. Nur ist das nicht selten eine Frage des Budgets, das bei vielen Klein- und Mittelständischen Unternehmen (KMU) nicht vorhanden ist. Dann bleibt nichts anderes übrig, als mit den Themen zu arbeiten, die man zur Verfügung hat. Aber wie findet man als Unternehmen denn nun Themen, die für die Social Media aufbereitet werden können?
Corporate Identity und Themen
Viele Unternehmen haben irgendwann einmal für viel Geld eine Corporate Identity erstellen lassen. Genutzt wird davon meist nur der Teil, in dem das Corporate Design festgelegt ist. Nimmt man das Manual oder die Broschüre aber einmal in die Hand, dann findet man in der Regel ganz vorne einen Teil, der üblicherweise mit „Vision“, „Mission“ oder beidem überschrieben ist. Darin stehen dann Sätze wie: „Wir wollen der innovativste, kinderfreundlichste Anbieter der qualitativ besten Lutscher in der Zielgruppe von 8 – 45 Jahren sein“ – oder so ähnlich.
Bei Lichte betrachtet, stecken da schon eine ganze Menge Themen drin. Denn letztlich sind das alles Worthülsen, die belegt werden müssen. Wo ist das Unternehmen „innovativ“? Und welche Geschichten belegen das? Wieso haben die Lutscher eine hohe Qualität, was macht sie so besonders? Behaupten kann das jeder. Erst eine Geschichte, darüber wie der Lutscher einem 24 Stunden-Dauer-Lutsch-Test unterzogen wurde oder eine Kundenbeschreibung wie großartig der Lutscher auf der Zunge liegt, belegen das. In dieser Hinsicht lassen sich auch Übertragungen nutzen. Ein zukunftsweisendes Mitarbeiterprogramm nutzt nicht nur direkt etwas bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern. Der innovative Charakter wird von Lesern auf das gesamte Unternehmen und die Lutscher übertragen.
Klassisches Marketing und Themen
Das Entwickeln von Inhalten und Themen im Einklang mit der Corporate Identity hat zudem den Vorteil, einer einheitlichen Darstellung nach außen. Sie gibt den Rahmen für die Kommunikation vor. Irgendwann in grauer Vorzeit hat mal jemand den Begriff der integrierten Kommunikation entwickelt. Letztlich meint das nicht anderes, als ähnliche Inhalte mit einer Zielrichtung über alle möglichen Kanäle zu verbreiten. So entsteht ein einheitliches Bild des Unternehmens. Social Media sind nicht von der „normalen“ Kommunikation“ abgekoppelt. Eine biedere Bank, die versucht, sich ein seriöses Image aufzubauen, sollte in Social Media nicht den oberhippen Hippster geben.
In diesem Sinne stecken in den klassischen Marketing-Aktivitäten von Unternehmen auch häufig eine Menge Themen, die sich für Social Media aufbereiten lassen. Dabei geht es nicht darum, Werbebotschaften Eins zu Eins zu wiederholen, sondern Hintergrundgeschichten zu erzählen. Wenn ein Unternehmen eine Anzeigenkampagne oder einen Katalog plant, lässt sich die Geschichte erzählen, wie die Anzeigen entstanden sind. Der Fan / Follower / Nutzer rückt damit näher an die Marke heran, weil er exklusive Informationen bekommt und einen Blick hinter die Kulissen wagen darf.
Messen, Events und Themen
Ebenso lassen sich Messen und andere Events nutzen. Bislang wurde ein Event durchgeführt und das war es. Ein simpler Tag der offenen Tür beinhaltet aber viele Geschichten. Er muss vorbereitet werden, er muss durchgeführt werden und er muss nachbereitet werden. Gleich drei Geschichten, die sich in unterschiedlicher Form aufbereiten lassen. Dabei sind sich Messen, Events und Social Media sehr ähnlich und können sich ergänzen. Bei allen geht es darum, Kontakte zu knüpfen. Social Media bieten hier die Chance, die auf Messen geknüpften Kontakte zu kanalisieren und zu pflegen. Denn die Messe ist nach drei Tagen vorbei, in Social Media kann der Dialog dauerhaft (weiter)geführt werden.
Der Faktor Mensch
Klassisches Marketing und PR neigen dazu Unternehmen hinter einer Fassade an Zahlen und Fakten zu verbergen. Ein Unternehmen besteht aber aus Menschen. Und Menschen sind immer für eine Geschichte gut. Ganz abgesehen davon, dass Social Media von Menschen lebt. Meine Beobachtung: Gesichtslose Unternehmensaccounts werden weit weniger beachtet, als die Accounts der Mitarbeiter, die für das Unternehmen im Netz kommunizieren. Menschen schaffen Nähe. Menschen wollen mit Menschen reden, oder sich zumindest ein Bild von den Menschen machen, die im Unternehmen arbeiten. Das kann der Jubilar sein, der seit seiner Lehre im Unternehmen tätig ist, es kann aber auch der Auszubildende sein, der in seiner Freizeit soziale Projekte unterstützt. Sie verleihen dem Unternehmen ein Gesicht und stehen synonym für die Produkte und Dienstleistungen, die angeboten werden. Gute Menschen = gutes Produkt, die Formel ist einfach aber wirkungsvoll.
Sponsoring und Themen
Zudem gibt es kaum ein Unternehmen, das nicht in irgendeiner Form einen örtlichen Sportverein, eine Kultureinrichtung oder ein soziales Projekt unterstützt. Häufig erlebe ich allerdings, dass außer dem Schriftzug auf dem Trikot oder vielleicht einem Banner am Rande der Veranstaltung keine weitere „Gegenleistung“ erfolgt. Dabei stecken da eine Menge Themen und Geschichten drin, die sich positiv für das Unternehmen nutzen lassen, ohne dass das Unternehmen nur über sich selber spricht. Es sind diese kleinen aber feinen Geschichten und Informationen, die den großen Unterschied ausmachen. Letztlich verankert man damit das Unternehmen genauso stark, wenn nicht stärker, in den Köpfen der Menschen als mit der „Kauf-mich“-Kommunikationskeule. Wenn man genau hinhört, fällt der Satz „Das Unternehmen XY kenn ich, die sponsoren doch auch die Jugend von Tasmania Laufnichwech“, weit häufiger, als man denkt.
Themen und externe Inhalte
Apropos, nicht nur über sich selber sprechen. In Social Media gehört es schon fast zum guten Ton, auf die Inhalte anderer zu verlinken. Bei allen Produkten und Dienstleistungen gibt es ausreichend Themen in der Peripherie. Jeder kennt den Hinweis auf Amazon: „Kunden, die Lutscher kauften, interessierten sich auch für Feuchttücher“. Das lässt sich überall fortführen. Wer sich für ein Haus interessiert, der interessiert sich auch für Einrichtungstipps, weil er gerne träumen möchte. Wer sich für Küchenmesser interessiert, der interessiert sich auch für Kochrezepte und Zubereitungstipps. Die Inhalte dazu finden sich zu Hauf im Netz. Ein Unternehmen, das auch auf externe Inhalte verlinkt, schafft einen Mehrwert für seine Kunden und macht die eigenen Produkte dadurch interessant.
Themen und Aufbereitung
Eigentlich ist die Aufbereitung von Themen in Social Media einen eigenen Artikel wert. Schon alleine, dass sich Audio-Files, Texte, Bilder und Videos nutzen lassen, schafft eine große Bandbreite an Möglichkeiten. Wenn man diese dann noch mit unterschiedlichen Formaten wie Erfahrungsbericht, Interview, Hintergrundbericht kombiniert, dann hat man schon eine ganze Menge an unterschiedlichen Inhalten. Wichtig finde ich, dass jedes Unternehmen dabei noch seine eigene Sprache findet. Denn Pressinformationen funktionieren hier genauso wenig wie Werbebotschaften.
Zusammengefasst: Doing Business on Facebook hat es gerade ausgerufen, „Die Zeit der Kampagnen in Social Media ist vorbei“. Ganz so drastisch würde ich es nicht sagen. Die eine oder andere Kampagne wird es immer noch erfolgreich schaffen, Menschen zu mobilisieren und virale Effekte zu entfalten. Allerdings steckt da eine Menge Werbepower und vor allem Budget dahinter. Und es reicht nicht, diesen Aufwand nur einmal zu betreiben. Denn was passiert, wenn die Kampagne abgeschlossen ist? Alle Marken-Fans können nach Hause gehen und das Unternehmen verschwindet wieder in der Versenkung? Social Media lebt vor allem von der Kontinuität. Insbesondere für Kleine und Mittelständische Unternehmen ist das eine Hürde, die bewältigt werden muss. Denn Kontinuität bedeutet auch Inhalte sprich Content, der in ausreichender Qualität erstellt werden muss.
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