Social MediaStroytelling

Transmedia Storytelling – Werkzeugkasten für die Strategie

Social Media wird in der Unternehmenskommunikation immer noch sehr technisch angegangen. Es geht um die richtigen Plattformen, die beste Architektur der Accounts und den Aufbau des Monitorings. Meist dominieren dabei Zahlen die Diskussion: Ist der ROI wirklich ein ROI und wie kann man ihn messen, wie bekommt man mehr Follower, Klicks. Likes und Traffic. Würden in Social Media gelbe Mützchen verteilt, dann gäbe es großartige Statistiken und Infografiken, wie man mehr gelbe Mützchen bekommt. Und selbst wenn es mal um Content und Inhalte geht, dann meist nur in Form von Statistiken. Da wird dann sehr schön aufbereitet, was die Nutzer wollen, 30 Prozent wollen Hintergrundinformationen, 20 Prozent Testberichte und die meisten wollen Schnäppchen, vor allem Schnäppchen. Wichtig ist auch der Call –to-Action, denn damit steigert man wieder die Anzahl der Follower, Klicks, Likes und Traffic. Womit man wieder am Anfang steht.  Statistiken und Zahlen machen aber ebensowenig guten Content aus wie der Call-to-Action.

Denn was bei all den schicken Zahlen leicht vergessen wird: Es ist der Content, der die Zahlen erst möglich macht. Kein Klick, Follower, Like und Traffic wenn die Inhalte nicht stimmen. Es bedarf eines auf Social Media abgestimmten redaktionellen Konzeptes und einer Social Media Strategie, die aus mehr als Gewinnspielen bestehen. In dieser Hinsicht ist Transmedia Storytelling eine optimale Blaupause, wie sich Inhalte aufbereiten und für einen Markenaufbau strukturieren lassen. Die Wurzeln des Transmedia Stortelling liegen zwar in der Film- und Fernsehbranche aber es lässt sich auch für Unternehmen adaptieren. Und wie zu jedem anständigen Trend in Social Media gibt es auch zu Transmedia Storytelling ein Manifest, das einen guten Überblick über den Ansatz verschafft.

Thesis 1
Claiming reality
Fiction supersedes reality, becoming as immersive as possible.

Schon an diesem ersten Punkt wird die Herkunft aus der Film und Fernsehbranche deutlich. Für Unternehmen sollte die Fiktion natürlich nicht die Realität ablösen. Denn speziell in Social Media werden Unternehmen an ihrem „realen“ Handeln gemessen. Brüche zwischen den Unternehmensbotschaften und dem Unternehmenshandeln fliegen sehr schnell auf. Der Schlüssel für den Einsatz in der Unternehmenskommunikation steckt in der Forderung, „so eindringlich wie möglich zu werden“. Und die Marke so eindringlich wie möglich zu kommunizieren, ist das Ziel jeder auf Markenbildung abzielenden Contentstrategie. Wie intensiv Inhalte durch Transmedia Storytelling werden, verdeutlichen diese beiden Projekte hier und hier sehr gut.

Thesis 2
Rabbit holes
The story offers multiple entry points to the experiencer, depending on the medium and situation in which it is used.

Sag ich doch. Nur Facebook ist keine Social Media Strategie. Wer dauerhaft in Social Media erfolgreich sein will, der muss auf mehreren Plattformen vertreten sein und so weitere Zugänge zu den Unternehmensinhalten schaffen. Gleichzeitig muss er die Nutzer da abholen, wo sie stehen. Das heißt nichts anderes, als Themen anzubieten, die für die Nutzer in den unterschiedlichsten Situationen auch von Interesse sind. In diesem Sinne sind nicht nur die Plattformen „Rabbit Holes“, sondern auch die Themen. Vielfach wird vergessen, das Unternehmen nicht nur eine Zielgruppe haben, die Kunden heißt, darüber hinaus haben qualifizierte Stelleninteressenten, Lieferanten und nicht zuletzt Kapitalgeber ein Interesse am Unternehmen und suchen nach spezifischen Informationen. Apropos Suche nach Informationen: Eine Googlesuche kann ebenso ein Einstieg sein, wie klassische Werbung mit Verweis auf die Social Media Aktivitäten.

Thesis 3
Story universe
The experiencer no longer follows one dramatic thread but chooses among several intersecting storylines, which merge into a single story-universe.

Eine Marke ist nichts anderes als ein “Geschichtenraum“. Sie gibt den Rahmen vor, in dem Geschichten funktionieren können und wird gleichzeitig durch Geschichten erst zur Marke.  Jedes Unternehmen hat eine Vielzahl an Geschichten zu erzählen, die sich in vielen Bereichen überschneiden und in ihrer Gesamtheit ein Bild der Marke vermitteln. Man sollte hier den Begriff Geschichte nicht mit Grimms Märchen verwechseln. Geschichten können ebenso ein Fachartikel zu einem Produkt wie auch das Jubiläum von Mitarbeitern sein. Geschichten zeichnen sich dadurch aus, dass sie erzählt werden.

Denkt man nur mal ganz banal an die Organisation eines Unternehmensfestes, dann hat jeder Mitarbeiter, der an der Organisation beteiligt ist, seine ganz eigenen Erlebnisse und Sichtweisen dazu zu erzählen. Innerhalb seiner Geschichte und seiner Social Media Accounts kann er auf die Accounts und Geschichten seiner Kollegen verweisen. Das Ereignis Unternehmensfest wird dadurch viel stärker aufgeladen, als mit einer bloßen Ankündigung auf Facebook. Auch wenn es nicht direkt ersichtlich ist, das ist Kundenbindung und Markenbildung. Der amerikanische Begriff „Brand awerness“ trifft es hier ganz gut. Aus der Perspektive der Kunden bedeutet Marke ein emotionales „bewusstes“ Erleben. Eine Marke ist dabei wie der Urlaubsort, in den ich immer wieder fahre oder das Lieblingscafé, das ich immer wieder besuche: Weil ich es kenne, fühle ich mich dort wohl und weil ich mich dort wohl fühle, komme ich immer wieder.

Thesis 4
Interactivity
Experiencers communicate with each other and with fictional characters thereby actively participating in the story and influencing its overall arc.

Was in der Filmbranche die fiktiven Charaktere, sind im Unternehmen die realen Mitarbeiter. Die Mitarbeiter sind die Repräsentanten des Unternehmens, und dass nicht nur im Netz. Ein Verkäufer prägt das Bild einer Marke fast ebenso stark wie ein Werbeslogan. Als Repräsentanten im Netz schaffen die Mitarbeiter durch ihre Kommunikation untereinander und mit Kunden Nähe zu den Kunden. In diesem Sinne zählt zu einer Social Media Strategie sowohl die Schulung der Mitarbeiter als auch die organisationale Einbindung in die Unternehmenskultur.

Thesis 5

Usergenerated content
The story-universe enables the experiencer to contribute creatively at selected points of the story.

Der Call-to-Action in Transmedia Storytelling.

Thesis 6
Transmediality
The story-universe does not limit itself to one single medium but takes advantage of the strengths of every medium to create something new out of their symbiosis.

Dass Unternehmen in Social Media zu ihren eigenen Verlegern werden, zählt schon zu den Standardsätzen. Daher müssen sich Unternehmen aber auch Gedanken darüber machen, wie sie ihre Inhalte aufbereiten. Texte, können hier mit Bildern und Videos  kombiniert werden. Videos sind in Zeiten von Digitalcameras und YouTube keine Besonderheit mehr. Insgesamt geht es darum, alle Medien so einzusetzen, dass die Geschichten möglichst dicht und interessant werden. Das Unternehmensfest lässt sich beispiesweise im Nachgang mit einem Blogbeitrag beschreiben, der mit Bildern unterlegt wird. Zusätzlichen können während des Festes Interviews mit Gästen gemacht werden. So entsteht ein viel intensiveres Bild des Events und damit auch der Marke als mit einem einfachen Facebook-Statusupdate „Vielen Dank an die vielen Gäste, die da waren. Es war sehr schön“.

Thesis 7
Location based storytelling
The experiencer becomes the vehicle of fiction by visiting real places where parts of the story-universe unfold.

Eine Forderung, die wieder sehr stark auf den fiktionalen Charakter der Filmbranche abgestimmt ist. Trotzdem lässt sich für Unternehmen daraus etwas mitnehmen. Schon alleine, weil Unternehmen immer auch an „realen Plätzen“ existieren. Man sollte hier nicht den Fehler machen, Social Media als virtuelle Realität zu sehen. Alles was Menschen hier über ein Unternehmen sagen, hat seine Entsprechung in der „Realität“. Sie erzählen ihre Erlebnisse. Dazu zählen auch ihre Erlebnisse mit Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen. Darin liegt sowohl Risiko als auch Chance. Risiko, wenn unhaltbare Versprechen gemacht werden. Chance, wenn sie von den Produkten begeistert sind, denn dann werden sie von sich aus darüber berichten. Das Unternehmensfest ist übrigens nichts anderes als ein „Verbindungspunkt“, durch den der Kontakt mit den Fans im Rahmen eines direkten Treffens verstärkt werden kann. Die Fans werden sich dabei nicht lange bitten lassen und von sich aus darüber berichten.

Thesis 8
Lean back, lean forward
The story-universe attracts different types of experiencers by offering a variety of roles for more active and more passive media users.

Ein wichtiger Punkt, der bei vielen Social Media Strategien vergessen wird: Jeder nutzt Social Media anders. Die einen sind aktiver und nehmen an Aktionen mit eigenen Inhalten gerne teil, während anderen im Stillen konsumieren. Der permanente Call-to-Action wird die zweite Gruppe eher nerven, als dass er etwas Positives bewirkt. Und nach Nielsens 90-9-1 Regel ist dies die weit größere Gruppe. In diesem Sinne ist eine Hintergrundreportage manchmal effektiver als ein Mitmachevent. Blöd für alle Zahlenenthusiasten: Es lässt sich nur schwer messen.

Thesis 9
Infinitude
The story-universe has the potential to become a breeding ground for a neverending story through sequels, spin-offs and perpetual re-use of story-elements.

Und dann muss man doch wieder messen und monitoren. Bei Geschichten hat man mit etwas Erfahrung eine Ahnung davon, was gut funktioniert und was nicht, aber wirklich vorhersagen lässt es sich nicht. Manchmal gibt es Charaktere oder Elemente, auf die die Menschen anspringen, ohne dass man deren Potential erkannt hat. Für Unternehmen heißt dies ähnlich wie bei den Filmleuten, genau beobachten, welche Geschichten man weiterdrehen kann, welche Teile sich zu einem ganz eigenen Bereich ausweiten lassen und welche man am besten einschlafen lässt. So schlummern in manchem Mitarbeiter verborgene Talente. Sind Fachartikel, ja sie zählen auch zum Geschichtenraum eines Unternehmens, beispielsweise nur sporadisch eingeplant, stoßen aber auf ein breites Interesse, weil ein Mitarbeiter diese sehr fesselnd und spannend schreibt, dann sollte man dies zu einer regelmäßigen Rubrik ausbauen.

Thesis 10
Multipayment
The diversification of storytelling enables the freemium-payment-model, which prompts multiple contributions per experiencer.

Gut, in der Unternehmenskommunikation muss Transmedia Storytelling nicht wirklich als eigenes Businessmodel umgesetzt werden.

Thesis 11
Collaborative work
The story-universe is developed in collaboration by a versatile and interdisciplinary team, whose range of skills can meet the demands of experience-based storytelling.

Auch wenn es auf den ersten Blick den Eindruck macht, dass dieser Punkt speziell für die Filmbranche ist, ist er nicht. Denn im Unternehmen bedeutet interdisziplinäre Teams sogar noch mehr. Es werden nicht nur spezielle Social Media Erfahrungen benötigt, sondern von Produktion über Vertrieb bis hin zu Kundenmanagement auch Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Unternehmens. Dabei geht es nicht nur darum, dass es so möglich ist, aus den vielen Geschichten ein „Story Universe“ zu formen, das der Marke entspricht. Es geht auch darum, bei Anfragen und Diskussionen zu den unterschiedlichsten Themen schnell und kompetent reagieren zu können.

Für mich fehlt noch der Punkt, wie und wo die Geschichten zusammengefasst werden, um den unterschiedlichen Erzählsträngen folgen zu können. Für Unternehmen bietet sich hier ein Social Media Newsroom auf der Webseite an. Ebenso kann aber auch ein oder mehrere Blogs die zentrale Anlaufstelle sein, auf der sich alle Informationen finden lassen. Wenn man es zusammenfasst ist Transmedia Storytelling mehr als nur Geschichtenerzählen. Hinter Transmedia Storyteling verbirgt sich ein ganzer Werkzeugkasten, mit dem man eine Social Media Strategie umsetzen kann.

Ein Gedanke zu „Transmedia Storytelling – Werkzeugkasten für die Strategie

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